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Erschienen am: 08.05.2023

Schon gewusst?

Meereshöhe ist nicht gleich Meereshöhe oder "Null" ist nicht gleich "Null"

Wir wissen es (vermeintlich) ganz genau: Der höchste Punkt in Bayern ist die Zugspitze mit 2962 m, der tiefste Punkt liegt in Kahl am Main mit 102 m. Aber was bedeuten diese Zahlen und worauf beziehen sie sich? Im allgemeinen Sprachgebrauch ist von „Meereshöhe“ die Rede. Aber hier haben wir ein Problem: Der Freistaat liegt ja gar nicht am Meer. Was also ist die „Höhe Null“ in Bayern? Wie so viele Bezugspunkte im Bereich der Vermessung ist dies eine Frage der Definition, die von Zeit und Zeit und von Land zu Land unterschiedlich beantwortet wird.

Die Höhenangaben in Bayern beziehen sich, wie in ganz Deutschland, auf einen angenommenen Nullpunkt, der im Jahre 1818 festgelegt wurde. Dieser Nullpunkt ist der Pegel des mittleren Hochwassers der Nordsee bei Amsterdam. Dieser Referenzpunkt, genannt "Normalnull", wurde von Preußen und schließlich 1879 vom Deutschen Reich übernommen. In der ehemaligen DDR wurde "Normalnull" durch "Höhennull" ersetzt. Bezugspunkt war der Ostsee-Pegel von Kronstadt bei St. Petersburg. Die Differenz zum Westen betrug 14 cm. Zur Vereinheitlichung wurde nach der Wiedervereinigung 1992 das Höhenreferenzsystem "Deutsches Haupthöhennetz 1992" (DHHN92) eingeführt, das im Jahr 2017 nach umfangreichen Neumessungen durch das "Deutsche Haupthöhennetz 2016" (DHHN2016) abgelöst wurde.

Weil alles aber eine Frage der Definition ist, haben andere Staaten andere Nullpunkte gewählt. Österreich z. B. bezieht sich auf den Adria-Pegel der ehemals habsburgischen Hafenstadt Triest mit einer Differenz zu Amsterdam von minus 29 cm. Frankreich wählt das Mittelmeer in Marseille. Die Differenz beträgt hier minus 56 cm. Auch die Schweiz bezieht sich auf diesen Pegel, heute jedoch davon abgeleitet auf einen Felsen im Genfer See, von dem sich eine Referenzhöhe von 24 cm unter DHHN2016 ergibt.

Aber es ist im Grunde noch komplizierter: Die Erde ist keine exakte Kugel, ja nicht einmal ein Ellipsoid, sondern – salopp ausgedrückt – eine Kartoffel. Die kuriose Konsequenz ist, dass der tatsächlich höchste Berg der Welt, das heißt der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernte Punkt, nicht der Mount Everest in Nepal (8848 m) ist, sondern der Chimborazo in Ecuador (6263 m). Dies ist auch der Grund, weshalb die satellitengestützt ermittelten Höhen regional unterschiedlich von den geodätischen Höhenmodellen abweichen. In Bayern beträgt der Unterschied zwischen 45 und 48 m.

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